Fritz Klein beherrschte als Absolvent der Ecole Nationale des Beaux Arts in Paris und der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart alle zu seiner Zeit gängigen Maltechniken. Besonderen Wert legte er jedoch auf das Malen mit Wachs, die sogenannte ENKAUSTIK, die er mehrere Jahre bei Dr. Hans Schmid, Kurator in München, studierte und die er – zusammen mit Prof. Kurt Wehlte, Professor für Maltechnik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart – weiterentwickelte. Er wird daher auch in dem Fachbuch von Prof. Wehlte „Werkstoffe und Techniken der Maltechnik“ mehrfach im Zusammenhang mit dieser Maltechnik genannt. Soweit bisher bekannt, dürfte Fritz Klein  d e r  Maler des 20. Jahrhunderts gewesen sein, der diese Maltechnik in sehr professioneller Weise in seinen Bildern angewendet hat.

Der folgende Artikel über diese sehr alte Maltechnik ist um 1944/46 in einer deutschen Zeitung oder Zeitschrift erschienen. Leider ist der Verfasser nicht bekannt. Da dieser Artikel von Fritz Klein als sehr treffend bezeichnet wurde, wird er hier ungekürzt wiedergegeben.

Enkaustik
Bemerkungen zur Technik der Wachs-Malerei.

Das Wachs der Bienen, gebleicht, gehärtet und mit Farbe gemischt, ist ein Stoff, den schon die Alten gebrauchten, wenn im Portrait der Schein atmender Haut hervorgebracht, wenn weniger die künstlerisch Form, sondern vor allem das naturgetreue Abbild als Erinnerung für immer verwahrt werden sollte. Aus Wachs war jene Bildnismaske gefertigt, die nach dem ius imaginum die vornehme römische Familie von einem Verstorbenen anfertigen ließ, der zu Lebzeiten ein hohes Amt bekleidet hatte. Starb ein anderes Mitglied der Sippe, dann trug ein Schauspieler Maske und Amtstracht, und mit ihm schritten weitere Schauspiele. in den Masken der Vorfahren im Trauerzug. Es war mehr als Schauspiel: Namen, durch Verdienst berühmt, doch längst der Erinnerung überlassen, wurden in die Gegenwart gerufen, verweilten, durch Maske und Gebärde zu "schrecklich treuem" Leben erweckt, in der hellen Wirklichkeit der Stunde und gaben etwa dem Sohne des Verstorbenen, der die Denkrede zu halten hatte, ein Forum, aus dem das Vergangene ausgelöscht war und nur Allgegenwärtiges undeutbar deutlich das Geschehen über alle Täuschung hinweg zum Ereignis erhob.

Als Material, das sich plastisch zu letzten Feinheiten verarbeiten ließ und durch Farbe und Oberflächenwirkung gleichzeitig den Wünschen des Künstlers wie des Auftraggebers entgegenkam, ist Wachs immer ein Werkstoff, der Bildhauer gewesen, der zudem noch bemalt werden konnte. Das bekannteste Beispiel der Wachsbildnerei ist die viel umstrittene 'Flora', die eine alte Überlieferung Leonardo da Vinci zuschreiben will. Die besondere Eigenschaft des Wachses hautähnlich zu wirken, führte auch im Mittelalter bis später zum Anfang des neunzehnten Jahrhunderts dazu, im Trauerzeremoniell Wachsnachbildungen des Verstorbenen mitzuführen, ein Brauch, der dann zu guter Letzt wohl die Anregung gab, mit gefärbtem Wachs, Glasaugen, echtem Haar und originaler Kleidung in wahrheitssüchtigem  Verlangen jene Figuren zu schaffen, die in Castans Panoptikum unseren Großeltern das Gruseln lehrten.

Polygnot, Apelles und andere Maler der Antike schufen ihre Werke wahrscheinlich mit heiß vermalten, eingeschmolzenen Wachsfarben; nach dem Vorgang des Einbrennens der Farben wird diese Technik kurz als 'Enkaustik' bezeichnet, im Gegensatz zu weniger gebrauchten Verfahren mit kaltflüssigen Wachsfarben. Schon früher, wie ältere Gräberfunde bestätigten und nachher Plinius berichtet, wurde mit Wachs als Malstoff enkaustisch gearbeitet. Die Mumienportraits aus dem Fajum verdienen heute nicht nur unsere Bewunderung durch den hohen Grad ihrer Erhaltung, sie lassen auch manchen Schluss über einzelne Methoden einer hochentwickelten  Technik zu, die im ganzen mit dem Untergang der antiken Kultur der Vergessenheit anheimfiel. Erst mit dem neunzehnten Jahrhundert, mit angeregt durch die Funde im Malergrab von St. Médard-des-Près  sind fachliche Interessen an den Verfahren der Wachsmalerei wieder erwacht. Auch die später als irrig erwiesene Vermutung, manche pompejanischen Wandbilder seien in Enkaustik gemalt, trug dazu bei, dass von Künstlern und Wissenschaftlern umfangreiche Versuche zur Rekonstruktion der antiken Verfahren ausgeführt wurden. Vor allem galt es, das Rezept für das harte punische Wachs, dessen hervorragende Eigenschaften Vitruv  erwähnt, wiederzufinden. Doch nicht historische Interessen allein veranlassten diese umfangreichen Untersuchungen, mehr noch war es die Wachsfarbe selbst, die viele Maler bewog technischenMethoden zu erforschen, nach denen diese in Material  und Wirkung gleich edle Farbe vermalt werden konnte. Diese Forschungen wurden erst in den letzten Jahrzehnten, vor allem durch die unermüdlichem Arbeiten des Münchener Stadtkuraten Dr. Hans Schmid, zu einem gewissen Abschluss gebracht. Verglichen  mit den Leistungen  der heutigen Wachsmalerei darf die Technik der Alten im wesentlichen als wiederentdeckt gelten.

Es gibt kaum eine Farbe - das entrückte, dumpfe Strahlen farbiger Glasbilder ausgenommen -, die so völlig entmaterialisiert und nur als Farbklang wirkt, wie die Wachsfarbe. In den Lasuren erscheint sie als farbiger Hauch, weder Pigment noch Bindemittel drängen sich vor. Pastos aufgetragen lässt sich die makellose Reinheit der Wachsfarbe,  ihre Tiefe, in die sich das Auge verlieren kann, nur mit dem stillen Glanz von Halbedelsteinen vergleichen. Es ist der "holde Schein", der hier dem Wort Farbe als sichtbares Abstraktum entspricht, ohne den Mitklang farbiger Substanz, ganz unbeschwert von Sonderheiten, die andere Malverfahren erkennen lassen und damit auch vom Technischen her die künstlerische Form eines Bildes entscheidend mitgestalten.

Vom Malgrund aus betrachtet zählt die Enkaustik zu den Seccoverfahren der Wandmalerei, also zu jenen Techniken, die als Malfläche  eine Wand mit gut durchgetrocknetem Putz voraussetzen. Der Verputz selbst kann die verschiedenen Schichten aufweisen, über die in unseren Bemerkungen zum Fresco buono berichtet wurde. Marmorsand, statt des üblichen Flusssandes in der obersten Schicht, gibt dem Malgrund eine rauhgriffige Schönheit. Auch bei Holzstafeln, die ebenfalls mit Wachsfarben bemalt werden können, ist der Haftbarkeit der Farbe wegen ein mäßig rauher Grund einer glatten Malfläche vorzuziehen. Das Bindemittel der Enkaustikfarben ist ein gereinigtes, gebleichtes und in einem besonderen Verfahren mit Hilfe von Meerwasser gehärtetes Bienenwachs. Durch diese Prozeduren entsteht eine feste Wachsmasse, deren Schmelzpunkt wesentlich erhöht liegt. Geringer Zusatz von Harzen gleicht den Ausdehnungskoeffizienten des Wachses dem des Malgrundes an. Dem Verlangen der jeweiligen Farbe entsprechend, wird das Wachs in heißflüssigem  Zustand mit bestimmten Farbpulvermengen innig vermischt und in Formen zu kerzenartigen Farbstiften  gegossen.

Nicht ein Malmittel, wie etwa bei der Öltechnik, verdünnt die Wachsfarbe, sondern hier ist es meist die Wärme allein, welche die harten Wachsfarben  schmilzt und somit vermalbar macht. Mit Wärme wird auch die Wand vor Beginn  der Malerei zur Aufnahme der Farben vorbereitet. Bei den Alten geschah dies umständlich mit Becken glühender Holzkohlen; heute nimmt der Künstler den eigens hierfür konstruierten elektrischen Handstrahler, der nach dem System der Heizsonnen gearbeitet ist. Doch bei dicken Wänden, die gründlich durchwärmt sein wollen, greift er zur Lötlampe; immerhin erfordert dieser Flammenwerfer en miniature in der Handhabung ein besonderes Fingerspitzengefühl, denn zu heftiges Erwärmen verwandelt den kohlensauren Kalk der obersten Malschicht in Brandkalk, der die Farbe wieder absprengen kann. Auch einzelne Farbstoffe selbst laufen Gefahr, durch übermäßiges Erhitzen in Ton  verwandelt zu werden. Handstrahler oder Lötlampe werden während des Malens dauernd gebraucht, zunächst dann, wenn der Wand eine erste Farbschicht einzuschmelzen ist, die mit quergefassten Farbstiften in Pastellmanier durch Abreiben aufgetragen wurde.

Das eigentliche Malen geschieht mit Borstenpinseln, besonderen Löffeln und Spachteln. Auf einer elektrisch beheizten Metallplatte mit napfartigen Vertiefungen wird die Farbe flüssig gehalten; sie ist in diesem Zustand, wie etwa eine Ölfarbe, ohne weiteres vermalbar. Der hierfür meist gebräuchlichen einfachen Palette mit unterbautem Heizkörper ist ein Gerät mit einer Einstellung auf verschiedene Wärmegrade, bei dem die Heizschlangen in feuerfesten Kunststein eingebettet sind, vorzuziehen, weil hiermit dem Künstler ein mehr oder minder flüssiges Farbmaterial gegeben wird, wie es gerade der Stand der Arbeit verlangt. Entsprechend dem Cauterium der Alten, mit dem die Farbe pastos aufgetragen und nachmodelliert wurde, hat man heute elektrisch beheizte Heißspachteln mit regulierbarem Widerstand in allerlei Formen und Stärken konstruiert, auch solche mit griffelartiger Spitze, die an das Cestrum der antiken Maler erinnern, das vornehmlich für Wachsmalerei auf Elfenbein verwendet wurde. Schon der Gebrauch dieser Geräte mit der Wärme als Helfer, verlangt vom Maler Vertrautheit mit dem Verfahren, das ihn indes reichlich lohnt und ihm alle technischen Möglichkeiten gibt, die er sich für seine schöpferische Arbeit nur wünschen kann. Die Wachsfarbe, mit Terpentin weiter verdünnt, lässt feinste Lasuren zu. Ebenso ist es möglich, die Farbe pastos zu häufen und Übergänge ineinander zu schmelzen. Unter dem Handstrahler oder der Lötlampe wird die angetrocknete Farbe wieder malbar, sie lässt sich weiter verarbeiten in zäherem Zustand bei mäßiger Wärme, sie kann durch größere Hitze zu fast wässrigem Fluss gebracht werden. Und schließlich wird die Wachsfarbe vom heißen Strahl der Brennlampe getroffen, brutzelnd zergehen und mit Malgrund, Untermalung und benachbarten Farben zusammenschmelzen. Alle diese verschiedene Möglichkeiten des Farbauftrages und die Methoden einer weiteren Verarbeitung auf der Wand können ganz nach den künstlerischen Notwendigkeiten abwechselnd Anwendung finden. Zuletzt wird das Gemalte noch einmal mit dem Handstrahler übergangen und eingebrannt.

Wachsfarbengemälde haben sich als außerordentlich haltbar erwiesen, ihre Farben bleiben für alle Zeit in Wachs eingeschlossen, unerreichbar dem zerstörerischen Sauerstoff der Luft, der auf die Farben anderer Verfahren ständig einwirken kann. Wachs ist auch im Ablauf größter Zeiträume keiner Verwandlung, keiner Zersetzung unterworfen; es ist nicht nur ein ideales Bindemittel, das sich in den Malgrund einschmelzen lässt, sondern gleichzeitig auch Firnisschicht, welche schützend die Farben deckt. Das fertig bemalte Bild zeigt auf seiner Oberfläche ein mattes Leuchten, das durch Bürsten und Nachreiben mit einem Tuch zu seidigem Glanz gesteigert werden kann., Es ist nie ein harter Schein, der sich vordrängt, eher sind es Wirkungen, die zurückhaltend und damit nur dem Motiv selbst dienstbar bleiben. Doch dem Auge, das sich auch an farbigen Klängen allein zu erfreuen vermag, erschließen sich Einsichten in ein stilles Reich malerischer Kostbarkeiten, die hier das heißvermalte Wachs geschaffen hat und für immer bewahrt.

Anmerkung: Es ist uns nicht bekannt, ob oder wo Enkaustik an bedeutenden, öffentlichen Kunstakademien oder -schulen heute gelehrt wird. Wir wurden aber auf eine Institution aufmerksam gemacht, die sich seit einigen Jahren auf die Enkaustik spezialisiert hat und Kurse in dieser Maltechnik gibt. Falls Sie Interesse haben, wenden Sie sich an die

Encaustic Academie
Tobelwasenweg 10
D-73235 Weilheim / Teck
Tel.: 07023/95 03 15 - Fax: 07023/95 03 19

Falls Sie sich für diese Maltechnik interessieren oder für Künstler, die diese Technik angewandt haben, so bitten wir Sie folgenden Literaturhinweis zu beachten:

Prof. Kurt Wehlte: Werkstoffe und Techniken der Malerei
Ute C. Seidel: ein Streifzug durch die Geschichte der Encaustic

In beiden Büchern wird auch auf Fritz Klein Bezug genommen.